„Die Ausstellung „Mittel Europa“ nutzt die Räumlichkeiten des Erdgeschosses um mit architektonischen und raumgreifenden Interventionen auf urbane Entwicklungen durch Migration hinzudeuten.
Ausgangsbasis hierfür ist die Beschäftigung von Hannes Zebedin mit sogenannten Stadel- bzw. Ziegelfenstern. Diese spielen in Österreich vor allem in Kärnten und der Steiermark eine markante Rolle im ländlichen Raum. Sie haben sowohl Belichtungs- und Belüftungsfunktion bei Heustadeln (Heuspeicher auf Bauernhöfen). Interessant ist für den Künstler, dass diese heute weit verbreitete Architekturform aus Wirtschaftsmigration entstand. Im 19. Jahrhundert war diese Bauform in Norditalien anzutreffen, in Österreich war sie noch unbekannt. Aufgrund von Hungersnöten und wirtschaftlichen Engpässen migrierten Tagelöhner und Arbeiter aus dem Friaul nach Südösterreich auf der Suche nach Arbeit. Sie entwickelten dort die ersten Stadelfenster. Diese „fremde“ Bauweise setzte sich im Laufe der Zeit vor allem bei wohlhabenderen Bauernhöfen durch, es entstanden formelle Wettbewerbe hinsichtlich der Mustervielfalt. Für Zebedin stehen diese Architekturformen stellvertretend für die Tatsache, dass es immer Strömungen von außen bedarf, um bestimmte Strukturen weiterzuentwickeln. Aus dieser Feststellung heraus möchte er die gegenwärtigen, in Europa stark zunehmenden, regressiven Populismen hinweisen, die zunehmend auf Abschottung abzielen und jedes Außenstehende als Gefahr darstellen.
Bewegt man sich auf den Ausstellungsraum zu, erblickt man davor schon den ersten Teil der Ausstellung, die Arbeiten Ziegelfenster #2 (Kärntner Kreuz) und 4 Wellen, die Zebedin zusammen als Mittel Meer zusammenfasst. Das Ziegelfenstermuster ist bereits aus dem Titel ersichtlich, die Leerräume zwischen den Ziegeln ergeben Kreuzformen. Der Künstler verwandelt die Ziegel- bzw. Stadelfenster mit dem umgebenden Raum durch die zusätzliche Verwendung von Heu in einen tatsächlichen Heustadel, den man auch als Zwischenlager bezeichnen könnte, genau so wie das Mittelmeer eine Zwischenstation von Migrationsbewegungen ist. Diese Zwischenphase wird von immer mehr politische Kräften versucht zu konservieren, was immer mehr Todesopfer und überfüllte Flüchtlingslager zur Folge hat. Die Darstellung des Heus in Wellenform und das Kreuzmuster verweisen auf den Friedhof Mittelmeer, hervorgebracht durch unsolidarisches Verhalten der Staaten der EU.
Befindet man sich im Ausstellungsraum, sieht man entlang dessen Längsseite einen „Entwicklungsprozess“ des Heus. Sind es am oberen Ende 4 Heuballen (Der Arbeiter hat kein Vaterland), am gegenüberliegenden Ende die Installation Ein Viertel Gewölbe. Dies ergibt einen linearen Erzählstrang von Ursprungszustand – Übergangszustand (4 Wellen) – Endzustand (Teil der Architektur). Diese Entwicklung kann analog zur jahrhundertelangen Tradition der Migration gesehen werden. Für eine Gesellschaft ist es notwendig, sich zu verändern, um Fortbestand und Weiterentwicklung zu garantieren. In der gegenwärtigen Dekade nehmen die Kräfte, die diese Entwicklung verhindern wollen, immer mehr zu. Um diese gegenwärtige Situation zu visualisieren, wurde einerseits ein Portrait des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz (Ein mitteleuropäischer Populist) und ein Stern der EU-Flagge (Ein mitteleuropäischer Staat) an den Wänden aufgemalt. Für das Portrait des Politikers wurde die Schablonenform, jene Form, die häufig bei Personen verwendet wird, die ein populär-kulturelles Phänomen darstellen. Dies waren in der Vergangenheit häufig links-orientierte, gesellschafts-offene Personen, während in den letzten Jahren das Populärphänomen hin zu rechtspopulistischen und -extremen Personen wandert. Als Farbe für die Schablonen wurde Schlamm aus dem ehemaligen Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos verwendet.“
